Barcelona - Stadt des Wandels? Eine Metropole macht sich auf den Weg

Eine Bildungs- und Begegnungsreise

Gruppenfoto Barcelona
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Gruppenfoto Barcelona

Die katalanische Metropole Barcelona ist, wie kaum eine andere Großstadt in den letzten Jahren, zu einem beliebten Touristenziel geworden. Die meisten Besucher beschränken ihren Aufenthalt aber auf wenige Tage und besuchen nur die Highlights. Die Stadt hat aber viel mehr zu bieten als die Ramblas, Tapas und Sagrada Familia. Wie in anderen spanischen Städten (Madrid, Valencia, Cádiz...) regiert in Barcelona seit den Kommunalwahlen 2015 eine progressive links-ökologische Koalition unter der Bürgermeisterin Ada Colau. Im Rahmen unserer Bildungsreise hatten wir Gelegenheit, auch mit Protagonisten dieser neuen Politik zu sprechen.

Wegschild in Barcelona - Petra Kelly

Und natürlich spielt auch die katalanische Unabhängigkeitsbewegung in der Stadt eine wichtige, um nicht zu sagen überwältigende Rolle in der Politik. Das merkte unsere Reisegruppe schon am ersten Tag, als Christopher Hepp und Antonia Schweimer, beide mit katalanischen Partnern verheiratet und seit langem in Barcelona lebend, einen ersten Einblick in die politischen Entwicklungen gaben. Sie repräsentierten nämlich prototypisch die geteilte Meinung in der Bevölkerung: pro und contra Unabhängigkeit. 

Im Rahmen von mehreren Führungen konnten wir einen vertieften Einblick in die Stadtgeschichte gewinnen und Architektur und Stadtentwicklung kennen lernen: die Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts im Eixample-Viertel, die Bauten des Modernism-Architekten Antoni Gaudí, das Gelände der Weltausstellung von 1929 mit dem berühmten Barcelona-Pavillon von Mies van der Rohe. 

Bildungsreise - Barcelona Hafen

Auch die Olympischen Spiele von 1992 haben das Gesicht von Barcelona grundlegend verändert: Das ehemalige Fischerdorf Barceloneta ist zu einem bevorzugten Tourismus-Ziel geworden, am (künstlich aufgeschütteten) Strand tummeln sich Heerscharen von Touristen, der Hafen ist ein Magnet des Kommerzes. Überhaupt ist der Tourismus mittlerweile zu einem großen Problem für die Stadt geworden. In der Altstadt, dem Barri Gotic, und auf den Rambles orientiert sich die gesamte Infrastruktur an den Besucher*innen. Wohnungen werden in Tourismus-Quartiere umgewidmet, die Mieten steigen. Die neue Stadtregierung hat darauf mit umfangreichen Gegenmaßnahmen reagiert. So wurde ein Moratorium für den Zubau von Hotelkapazitäten verabschiedet. Und wie wir im Gespräch mit Agustí Colom Cabau, dem im Rathaus für den Tourismus zuständigen Dezernenten, erfuhren, hat sich die Vermietungsplattform Airbnb mittlerweile verpflichtet, keine nicht zugelassenen Ferienwohnungen mehr anzubieten.

Architektur am Strand

Besonders für die kommunalpolitisch interessierten und engagierten Teilnehmer*innen war der Vortrag von Jaume Bernada, Architekt und in der Stadtverwaltung für Städtebau und Mobilität zuständig, sehr aufschlussreich. Er gab einen Überblick über die zahlreichen Anstrengungen der Stadt, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Dabei spielt die Verkehrspolitik eine wesentliche Rolle. wie dies konkret aussieht, davon konnten wir bei der anschließenden Führung selbst überzeugen: im Stadtviertel Poble Nou werden nämlich gerade umfassende Verkehrsberuhigungsmaßnahmen umgesetzt, die sehr überzeugend wirkten. Dieses Stadtviertel auch deshalb besonders interessant, weil es sich derzeit im Umbruch befindet: von einem (ehemaligen) Industrie- und Arbeiterviertel wird es gerade in ein Hightech-Viertel "umgebaut".

Aufschlussreich waren auch die Gespräche mit Vertretern des regierenden Rathausbündnisses "Barcelona en Comú" und der katalanischen grünen Partei ICV, Jordi Guillot und Kate Shea Baird, die über den spezifischen Politik-Ansatz der "Bürgerplattform" und die Bemühungen berichteten, Parteiorganisationen, Bewegungungsaktivist*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen "unter einen Hut" zu bekommen.

Petra Kelly Gedenkstein in Barcelona

Sozialdezernentin Laia Ortiz Castellvi gab einen Überblick über die vielfältigen, krisenbedingten sozialen Probleme in Barcelona und die Bemühungen der Stadtregierung, hier zumindest lindernd einzugreifen, so z.B. durch kostenlose Schulspeisungen für arme Kinder und verbesserte Angebote zur Kinderbetreuung. Sie wies aber auch darauf hin, dass in vieler Hinsicht, z.B. bei der Wohnungsnot, die spanische Gesetzgebung von ausschlaggebender Bedeutung sei, weil diese Gesetze den Handlungsspielraum der Stadt einschränken.

Der Wandel in Barcelona vollzieht sich jedoch nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch auf dem Feld der Ökonomie: Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Initiativen und Kooperativen, die sich der solidarischen Ökonomie verschrieben haben. In der Xarxa d’Economia Solidària (XES) haben sich rund 300 solcher Gesellschaften zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, um diesen Wandel auf breiter Front voranzutreiben, wie wir von Ruben Suriñach Padilla erfahren konnten. Aber auch die Stadtregierung wirkt hier fördernd, indem sie sich bemüht, diese Kooperativen verstärkt bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen.

Weitere Details zur politischen Situation in Barcelona können einem ausführlichen Beitrag auf unserem Themenportal "Gutes Leben für alle" entnommen werden, der vor dem Hintergrund unserer Bildungsreise entstanden ist.

Partner
Evangelische Stadtakademie München
Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg

Art der Veranstaltung
Bildungsreise