Geflüchtet und versorgt? Medizinische Versorgung in bayerischen Ankerzentren

Wie werden die Menschen, die zu uns kommen, medizinisch betreut? Wir haben mit Firouz Bohnhoff (Gesundheitsreferat), Katharina Grote (Bayerischer Flüchtlingsrat) und Heike Martin (Refugio München) über die medizinische Versorgung in bayerischen Ankerzentren gesprochen.

Lesedauer: 3 Minuten
Bild vom Podium "Geflüchtet und versorgt"

Wer nach einer langen Reise in Bayern ankommt, ist oft auf medizinische und gesundheitliche Versorgung angewiesen. Diese ist aus unterschiedlichen Gründen unzureichend.

Wir fragen in dieser Veranstaltung, wie es gelingen kann, den zu uns kommenden Menschen den Zugang zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.

Dabei betrachten wir vor allem die gesundheitliche Versorgung in den Ankerzentren,

dennoch beschäftigt uns natürlich auch die Situation der Geflüchteten aus der Ukraine.

Gesundheit - sei es seelische oder körperliche - ist ein Grundrecht aller Menschen und sie ist eine Voraussetzung für ein gelingendes Leben miteinander.

Hier geht es zur Aufzeichnung:

Geflüchtet und medizinisch versorgt? - Gesundheitsreihe „GESUNDHEIT FÜR ALLE ist machbar“ - Petra-Kelly-Stiftung

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Mit:

Firouz Bohnhoff

Landeshauptstadt München, Gesundheitsreferat

Katharina Grote

Bayerischer Flüchtlingsrat

Heike Martin

Refugio, München

Moderation:

Dunja Ramadan

Süddeutsche Zeitung

Eine Kooperationsveranstaltung mit Kolibri - interkulturelle Stiftung

Um mit dem Positiven zu beginnen: Die Versorgung der Menschen, die derzeit aus der Ukraine zu uns kommen, läuft deutlich besser als die der Menschen, die vorher zu uns geflüchtet sind. Damit wächst die Hoffnung, dass die allgemeine gesundheitliche als auch die psychosoziale Versorgung für alle Geflüchteten besser werden könnte.

Menschen, die aus anderen Ländern wie Afghanistan, Syrien und afrikanischen Ländern bei uns angekommen sind, müssen enorme Hürden überwinden, um ihr Recht auf gesundheitliche Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Wer eine ärztliche Behandlung braucht – auch bei akuten Schmerzen -, muss zunächst über das Sozialamt an einen Behandlungsschein kommen. Damit dieser ausgestellt wird, muss die gesundheitliche Problematik zu Protokoll gegeben werden, oft ohne sprachliche Unterstützung und ungeachtet der oft traumatischen Erfahrungen. Dieser Behandlungsschein gilt - im Gegensatz zum Krankenschein - nur für einen Monat. Firouz Bohnhoff (Gesundheits- und Krankenpflegerin) betont, dass in München ein Vieles mehr an Unterstützung möglich ist als in anderen Orten Bayerns, wo sie nur unter Schwierigkeiten zu erhalten ist. Dennoch können auch in München nur wenige Menschen vom Gesundheitsreferat, von Sozialarbeiter*innen und/oder Dolmetscher*innen unterstützt werden, um möglichst schnell die erforderliche Behandlung zu erhalten.

„Eine Katastrophe“ ist die psychosoziale Versorgung der Geflüchteten, darüber sind sich Heike Martin und Katharina Grote einig. Geflüchtete haben keinen Anspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung und der Verwaltungsaufwand, eine solche durchzusetzen, ist enorm hoch. Wenn es gelingt, eine Begleitung durch Dolmetscher*innen sicherzustellen, ist der Weg zur dringend notwendigen therapeutischen Unterstützung noch weit. Javed Rahim, der im Bayerisches Zentrum für Transkulturelle Medizin e.V. als Gemeindedolmetscher ausgebildet wurde, erlebt häufig, dass die Menschen gefangen sind in Sorge um die Zurückgebliebenen, die eigene unsichere Zukunft, die lähmende Angst vor Abschiebung und vieles mehr, was die Bearbeitung der Traumata überlagert.

Diese Situation könnte und müsste verbessert werden durch stabile Verhältnisse, die den Menschen das erforderliche Gefühl von Sicherheit, Orientierung und Vertrauen geben. Dazu gehören auch deutlich kleinere Unterkünfte mit der Möglichkeit, das soziale Umfeld mitgestalten und ein soziales Netz aufbauen zu können.

Am Ende gewinnen wir alle, wenn es gelingt, allen Geflüchteten die gesundheitliche Versorgung zukommen zu lassen, auf die sie Anrecht haben und die sie brauchen. Nur dies ermöglicht ihnen eine Lebens- und Arbeitsperspektive.